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Jugendkriminalität: Einsperren ist keine Lösung ... |
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fehlen uns die erforderlichen
Untersuchungen. Was die Ursachen dafür sind, darüber ist ja viel geredet worden,
außerhalb des Wahlkampfes jedenfalls, und es haben sich Fachleute geäußert; ich meine,
daß man einen vermuteten Anstieg nicht auf eine Ursache zurückführen kann, sondern man
muß eine ganze Reihe von Gründen dafür suchen. Ein Grund liegt sicher darin, daß die
Perspektivlosigkeit unter Jugendlichen zugenommen hat. Immer mehr Jugendliche sind ohne
Aussicht auf Arbeitsplatz oder Ausbildungsplatz, leben von Sozialhilfe und haben keine
Chance, jemals ihren Platz in dieser Gesellschaft zu finden. Diese zunehmende
Perspektivlosigkeit ist sicher ein Grund dafür, daß wir es mit mehr Gewalt auch von
Jugendlichen und unter Jugendlichen zu tun haben, wobei gleichzeitig auch der enorm
ansteigende Reichtum bei anderen Bevölkerungsteilen hinzukommt. Dieses dichte Nebeneinander von Armut und Reichtum, d.h. den Jugendlichen, die nichts haben |
und keine Chance haben, jemals etwas haben zu können, wird gleichzeitig immer wieder an allen Ecken und Enden vor Augen geführt, was man eigentlich haben muß. Dieses Mißverhältnis ist sicher eine wesentliche Ursache. Weitere Ursachen, würde ich sagen, liegen im Bereich unserer Erwachsenenwelt, die hat sich verändert: wir sind, sage ich mal, ambivalenter oder gleichgültiger geworden gegenüber Gewalt in vielen gesellschaftlichen Bereichen, wir gehen anders miteinander um, unsere Gesellschaft ist stärker bestimmt von Konkurrenzdenken, wer irgend kann, will zu den Gewinnern und nicht zu den Verlierern gehören und nutzt dazu alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel. Das sind Verhaltensweisen, die sich auf Jugendliche übertragen, wenn von irgendwoher lernen sie es ja, und wenn nicht von den Erwachsenen, von wem dann. Es haben sich auch noch die gesellschaftlichen Institutionen verändert. Die Familie, die einmal so etwas wie einen Schon- |