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Seite 5 Eine Gerichtsreportage 2/3
Doch eigenartig: niemand wollte sich erinnern, jemals etwas darüber gehört zu haben. Unisono erklärten die Beamten, ihnen sei hiervon nichts bekannt geworden, sie könnten sich auch an eine Unterhaltung mit dem Gefangenen nicht erinnern. Der zuständige Abteilungsleiter, Stapelfeldt, vermochte sich zwar dunkel daran zu erinnern, daß sich der Gefangene zeitweise auf der Iso-Station befunden habe, aber warum genau habe er „nicht mitbekommen".
Selbst Vollzugsleiter Quietzsch vermochte sich nicht zu erinnern, daß der Gefangene eine Beschwerde an ihn gerichtet hatte, wenngleich sich in der Akte ein entsprechender Antrag des Gefangenen an den Vollzugsleiter fand. Auf die Frage von Amtsrichter Kaut, ob es denn in der Regel zu einem Gespräch komme, wenn ein Gefangener einen solchen Antrag stelle, antwortete der Vollzugsleiter, dies sei so - in diesem Falle allerdings vermochte er sich über- haupt nicht zu erinnern, ob es ein Gespräch mit dem Gefangenen gegeben habe und wenn ja, was der
Inhalt gewesen sei. Auch Sicherheitsdienstleiter Stumpe hatte keinerlei Erinnerung, selbst die beiden Bediensteten, denen Mohamed G. die Spuren der Auseinandersetzung, einen blauen Fleck, gezeigt hatte, wollten hiervon nichts wissen. „Aber ich habe ihnen doch noch gezeigt, daß der Schuhabdruck fast zu erkennen war, so habe ich mein Hemd ..." demon- striert der Gefangene empört.
Doch der betreffende Bedienstete sagt leise, fast entschuldigend, an den Gefangenen gewandt: „ Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern:" Niemand also kann oder will die Version des Angeklagten unterstützen, daß es die Sanitäter gewesen seien, die ihn angegriffen hätten, nicht umgekehrt, und daß er sich mehrfach beschwert und einen externen Arzt zwecks Untersuchung verlangt habe. Und für den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, hin und hergerissen zwischen buchstäblich gähnender
Langeweile und Instruktion, ist der Fall klar: erst habe der Gefangene die Sanitäter beleidigt und angegriffen, später dann Strafantrag gestellt, um