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Seite 5 Eine Gerichtsreportage 3/3
von der eigenen Schuld abzulenken. Warum er dann denn wohl darauf bestanden habe, die verschiedenen Bediensteten als Zeugen zu laden, wenn er schließlich, stimme die Version der Staatsanwaltschaft, genau gewußt haben muß, was dabei herauskommt, fragt Verteidiger Mohr in seinem Plädoyer. Er zeigt sich auch irritiert über die Verfolgungswut der Staatsanwaltschaft, schließlich sei es in ähnlich gelagerten Fällen, wenn etwa jemand Polizeibeamte beschuldige, ihn geschlagen zu haben, und sich dieser Vorwurf nicht erhärten lasse, auch nicht so, daß der Anzeigende dann automatisch mit einer Verfolgung wegen falscher Anschuldigung zu rechnen habe, zumal die Bediensteten selbst keinen Strafantrag gestellt haben. Es fänden sich, so führte er weiter aus, keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprächen, daß sich der Angeklagte die ganze Geschichte nur ausgedacht, quasi bewußt ein Phantasiegebäude aufgebaut habe, es sei in der Hauptverhandlung schließlich auch dessen ehrliche Empörung darüber deutlich geworden, daß sich nicht einer der Bediensteten, mit denen er über den Vorfall gesprochen habe, daran erinnern wollte. Daher käme hier schließlich nur „eine Entscheidung in Frage, die meinen Mandanten straflos hält". Doch dies ist offensichtlich einmal mehr nicht der Tag des Mohamed G. - während der Verteidiger noch plädiert, skizziert Amtsrichter Kaut bereits, wie alle Beteiligten verfolgen können, sein Urteil auf einem Blatt Papier. Er greift zum Taschenrechner - für Prozeßbeobachter ein Hinweis auf eine Geldstrafe, hatte er doch vorher schon den Gefangenen nach dessen „Verdienst" (DM 140 pro Monat) gefragt. Und so kommt es auch: 600 DM Geldstrafe, ersatzweise 120 Tage Haft wegen falscher Verdächtigung lautet das Urteil, aller Ungereimt- heiten und Auffälligkeiten zum Trotz. Der Verteidiger hat Berufung angekündigt: Fortsetzung folgt.
Recht haben genügt eben nicht - man muß auch Recht bekommen.
                                                                                 (jes)