Kollektive Erinnerungslücke
Wir hatten darüber berichtet: Mohamed G. hatte Ärger
mit den Sanitätern im hiesigen Knast. Als er einen Verband erneuert haben wollte,
weigerten sich diese, er bestand darauf, ein Wort gab das andere, man versuchte, ihn mit
Gewalt rauszuwerfen, schließlich kamen weitere Beamte als Unterstützung, und Mohamed G.
landete erst einmal auf der Iso-Station. Er beschwerte sich und erstattete schließlich
Strafanzeige gegen einen der Sanitäter, weil dieser ihn getreten und gegen den Türrahmen
geworfen haben soll. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein und teilte ihm mit,
er habe erheblichen Ermittlungsaufwand verursacht", weshalb man nun gegen ihn
ein Verfahren einleiten werde, und zwar wegen falscher Verdächtigung und
Körperverletzung, da er einen Sanitäter geschubst habe, woraufhin dieser
kurzzeitig einen Schmerz verspürte". |
Es folgte tatsächlich die Anklage, und jetzt auch der Prozeß vor dem
Amtsgericht. Sieben Zeugen waren geladen, alle sind Bedienstete der hiesigen Anstalt. Die
Staatsanwaltschaft hatte die beteiligten Sanitäter als Zeugen geladen, diese wirkten vor
Gericht fast schon aggressiv, so, als sei es eine Zumutung, daß sie den Fragen des
Amtsrichters ausgesetzt seien, Auskunft geben mußten. Sehr übereinstimmend erklärten
sie, der Gefangene habe sie beschimpft und schließlich einem von ihnen einen Stoß vor
die Brust gegeben. Hatten Sie denn Schmerzen?" wollte der Richter wissen, und
die Antwort war Eigentlich war ich eher erschrocken, wie das halt so ist, wenn sie
jemand schubst". Das kann, wie sich später herausstellt, nicht als Körperverletzung
gewertet werden.
Die Verteidigung hatte andere Bedienstete laden lassen, die darüber aussagen
sollten, was Mohamed G. ihnen über den Vorfall berichtet, daß er sich darüber beschwert
hatte. |