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Die Zeichen stehen auf Sturm!

oder: Wer hat Angst vor dem bürgerlichen Leben ... ?

Die Rechtsstaatlichkeit einer jeden Nation basiert auf dem Gedankengut einer elitären Minderheit, ausgestattet mit Machtbefugnissen ureigenen Kalküls, gerade und vor allem in totalitären Staaten. Nun sollte man meinen, daß in Nationen mit der Staatsform Demokratie differente Parameter zur Rechtsstaatlichkeit führen; sollte man meinen. Nur leider ist dem nicht so! Analysieren wir einmal die Grundlagen der Rechtsstaatlichkeit innerhalb der Staatsform Demokratie.
Die Rechtsstaatlichkeit einer jeden Demokratie manifestiert sich in einer Verfassung, respektive Grundgesetz.
In diesen Kompendien artikuliert eine Nation Recht und Unrecht, ordnet und reglementiert das Miteinander aller sowie die Statuierung der verfassungsrechtlichen Organe der Legislative, Judikative und Exekutive.
Die Demokratie ist der wohlgemeinte Versuch, eine auf mehrheitsrechtlicher Entscheidung basierende Völkergemeinschaft zu etablieren und reglementieren. In einer Demokratie soll (sollte) jenes rechtens sein, das mehrheitlich von der Bevölkerung als rechtens erachtet wird; nur dieses Ansinnen ist und bleibt blanke Theorie.
Auch in einer Demokratie bestimmen nur ca. ein bis zwei Prozent der Bevölkerung was Recht und Unrecht ist. Die elitäre Obrigkeit der Legislative, der gesetzgebenden Gewalt, flankiert durch die Judikative, der gesetzsprechenden Gewalt, und eine die Grundfesten sichernde Exekutive, sprich gesetzausführenden Gewalt. Folglich werden Gesetze von einigen wenigen verfaßt und verabschiedet, jeweils nach Bedarf, eigenem Gutdünken und Notwendigkeit angepaßt.
Da der Personenkreis der Legis-lative einer elitären Oberschicht angehört, welche ca. neunzig Prozent aller Finanz- und Machtressourcen repräsentiert, sind die Gesetzgebungen natürlich auf diesen Personenkreis zugeschnitten, frei nach dem Motto: „Alle sind vor dem Gesetz gleich, nur einige sind etwas gleicher als gleich!" Mit den Worten von Heinemann: „Die Deutsche Demokratie als Staatsform ist eine schlechte; aber ich kenne keine bessere!"
Aber beginnen wir am Anfang. Die Weichen wurden 1948 und in der Folgezeit gestellt; Das Deutsche Reich wurde in Bundesrepublik Deutschland und das Kriegsministerium in Verteidigungsministerium unbenannt; unsere Verfassung und Grundgesetz wurden aus der Taufe gehoben, basierend auf der Doktrin der Korpo-kratie marktwirtschaftlicher Grundsätze, unter Federführung unserer amerikanischen Freunde sowie einer bundesdeutschen „charismatischen" Führungspersönlichkeit namens Konrad Adenauer. Leider waren die Herrschaften nicht mit den Grundlagen der Meri-tokratie vertraut, geschweige denn der Fähigkeit zu anthropomorphen Denken, des Denkens in ganzheitlichen Systemen; denn, das Ganze ist niemals größer als seine Teile. Die Schergen des Großdeutschen Reiches wurden sodann im Zuge einer Generalamnestie „entkriminali-siert", je nach Gebrauchsnutzen und Gesell-schaftszugehörigkeit; die Kleinen und Mitläufer wurden zur Verantwortung gezogen, mehr oder weniger.
Der Begriff „Entkriminalisierung" erfährt in der jüngsten Vergangenheit neue Ehren, beispielsweise betreffend der für unsere politischen und wirtschaftlichen Großkopfeten so unrühmlichen und ärgerlichen Steuerhinterziehung in Bezug auf die bundesdeutschen Parteispendenaffären. Um nur einige wenige involvierte Personen namentlich zu benennen: Flick, Brauchitsch, Lambsdorff, Stoltenberg, Strauß, Zwick, Stolpe, Waigel, Stoiber,Tandler, Hackmann usw, usw, usw. Es wäre müßig, wollten wir hier alle Personen namentlich benennen, dieser Artikel würde mindestens einhundert Seiten lang. Dieser Artikel würde schon jeden Umfang sprengen, würden nicht die Personen, sondern nur deren oder die jeweiligen Affären beim Namen genannt: Amigoaffäre, Bäderaffäre (Zwick/Strauß), Herstatt-Affäre, Schneideraffäre, Bremer Vulkan, Hoch & Tief, Neue Heimat, Treuhand, Reichstagsgebäude und, und, und. Außer acht lassen sollten wir keinesfalls die Barschel-Affäre. Vergegenwärtigen wir uns, daß es sich bei der Barschel-Affäre, gelinde ausgedrückt, um schwerwiegende Anschuldigungen gegen bundesdeutsche Organe handelt. Trotzallem, oder ebendessen, wurden jetzt die Akten geschlossen.
Ebensowenig wie nach dem Zweiten Weltkrieg konnte nach dem Fall der Mauer über Nacht eine neue Legislative, Judikative oder gar Exekutive etabliert werden. Zu neunzig Prozent sprechen heute diejenigen Richter Recht und klagen diejenigen Staatsanwälte an wie vor dem Fall der Mauer; ein Narr, der glaubte den Versprechungen, alle wären rechtsstaatlich überprüft.
Einem jedem Richter(in) müßte jeden Tag, den der „Liebe Herrgott" werden läßt, mehr als unwohl sein, wenn er oder sie reflektiert, wer heute alles Recht spricht oder vertritt. Steigen die Arbeitslosenzahlen und fehlen dem Volk die Gesell-schafts- und Sozialperspektiven, erhöht sich die Kriminalitätsrate! Eben diese Richter und Staatsanwälte werden sodann den moralischen Zeigefinger erheben und durch die Umstände einer sozialen Mißwirtschaft gestrauchelte Menschen verurteilen in dem Sinne „üb immer Treu und Redlichkeit", und das, obwohl ein Teil von ihnen daselbst hinter Gittern einsitzen müßten. Was die Urteile der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik anbetrifft, sind sie nur amnestiefähig, wenn es sich nicht um Straftatbestände handelt, deren Verurteilung auch nach bundesdeutschem Recht erfolgt wären; nur vergessen die Herrschaften, daß auch die Straftatbestände von den Behörden und Institutionen der ehemaligen DDR manipuliert wurden. Die derzeitige Fusionswelle der multinationalen Konzerne wird weitere und höhere Arbeitslosenzahlen zur Folge haben, weltweit. Die gängigen Mittel derzeit sind Business-buyout, Leveraged-buyout sowie Management-buyout, sogenannten „freundlichen" und „feindlichen" Gesellschaftsübernahmen sowie Übernahme des Unternehmens durch das Management mit staatlichen Fördergeldern.
Kleine und mittelständische Unternehmen werden ruiniert, dieses nennt sich sodann Marktbereinigung und Eindämmung der Konkurrenzkonvergenzien. Sogar Großkonzerne werden stetig von multinationalen Konzernen, gelinde gesagt übernommen in ihre Produktions- und Vertriebssequenzen zerlegt und dann, um den Kaufpreis zu refinanzieren, teilweise verkauft oder in das Konzerngefüge eingegliedert; dieses nennt sich dann „Nutzung der marktwirtschaftlichen Selbstreinigungskräfte", Zentralisierung der Produk-tions- und Vertriebsressourcen sowie Globalisierung der Unterneh-mensstruktur. Innovative Ideen und Produkte werden vom Markt genommen sobald die festgefügten Markt- repektive Macht-Strukturen gefährdet werden. Die involvierten Personen werden ruiniert und notfalls sogar kriminalisiert, egal mit welchen Mitteln, dabei ist man nicht sonderlich zimperlich. Zurück bleibt „verbrannte Erde" und Arbeitslosigkeit sowie Verbindlichkeiten, die nie befriedigt werden, da für den Rest des Unternehmens Konkurs beantragt wird. Dieses geschieht täglich. Der Mittelstand wird ausradiert durch die Allmacht der Multis. Die Unternehmen, welche bis dato noch Mitarbeiter einstellen und Stellen schaffen, sind kleine und mittelständische Betriebe, nicht etwa Großkonzerne oder gar Multis. Großkonzerne bauen seit Jahren Beschäftigungskapazitäten ab, in Größenordnungen gigantischen Ausmaßes. Der Kaufkraftverlust interessiert diese Multis nur sekundär, selbigen, meinen sie, gleichen sie durch die Kaufkraft anderer Nationen aus, durch Export ihrer Produkte; meinen sie.
Nur, diese Multinationalen handeln alle global und der Effekt des Abschöpfens der Kaufkraft anderer Nationen ist allenfalls mittelfristig erfolgversprechend. Die Perversion im Denken und Handeln dieser Wirtschaftsvorstände und -Aufsichtsräte will ich an folgendem Beispiel jüngster Vergangenheit erläutern, wohlbemerkt eines von tausenden Beispielen tagtäglich.
Der Allianzkonzern erwirtschaftete im Jahre 1997 - durch seine Mitarbeiter - ein enormes Umsatzplus in Höhe von vierzig Prozent und verfügt derzeit über ein bilanziertes Anlagevermögen in Höhe von DM 1,2 Billionen (lassen Sie sich die Summe auf der Zuge zergehen), auch bedingt durch den Kauf des französischen Versicherungskonzern AGF.
Nun will der Allianzkonzern „wieder" zum größten Versicherer Europas avancieren; tja, wie wohl? Richtig, durch Entlassung von neuntausend Beschäftigten, ebengerade diesen Mitarbeitern, die das vierzigprozentige Umsatzplus erwirtschafteten. Da soll noch einmal jemand behaupten, es gäbe keine Dankbarkeit in diesem unserem Lande. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer gewaltiger! Durch ein geringeres Steueraufkommen des Staates müssen Haushaltsdefizite durch Einsparungen abgefedert werden, denn Großkonzerne zahlen kaum Steuern und erhalten zum Ausgleich dafür Milliardensubventionen; man kennt sich eben. Einsparungen können dann notgedrungen nur zuallererst beim Sozial- und Bildungswesen respektive deren Etats vorgenommen werden; hier sind keine Lobbyisten zu fürchten, hier handelt es sich nur um das Volk.
Wie so etwas wiederum vonstatten geht, wurde uns kürzlich in einer Hamburger Plenardebatte veranschaulicht. In dieser Abgeordnetensitzung wurden zu Beginn die Abgeordnetendiäten um drei Prozent erhöht als Ausgleich zur einprozentigen Mehrwertsteuererhöhung, und nur weinig später empfindliche Kürzungen im Sozial- und Bildungsetat vorgenommen.
Mit welcher Arglosigkeit und Unrechtsbewußtsein dieses bewerkstelligt wird, zeigt die Tatsache, daß diese Plenardebatte öffentlich geführt und vom Deutschen Fernsehen übertragen wurde, nach dem Motto: „Wir sind das Volk". Ob die Herrschaften das Personalpronomen „Wir" vielleicht falsch interpretieren und daß mit dem Wort „Wir" sie gemeint sind, oder war denen das vielleicht sogar scheißegal?!? - Nein, so sind die nicht, oder doch? Da man nun weiterhin im großen Stil unsere Großkonzerne subventionieren möchte, als Politiker zumindest nicht weniger verdienen möchte (verdienen, hm?), Prestigeobjekte weiterhin finanziert sein wollen, muß natürlich gespart werden. Da nach neuester Rechtsprechung die Steuerfindungshoheit wieder auch den Gemeinden und Städten obliegt, hat man da so seine Möglichkeiten. Das jüngste Beispiel: Die Land-schaftsbeeinträchtigungssteuer; ein herrliches Wort, nicht wahr? Hiermit können jetzt Windkraftanlagen besteuert werden, die höher als einhundert Meter sind, wobei sehr viel Wert auf die Gerechtigkeit dieser Steuer gelegt wird, da auch, wie man versicherte, Schweineställe, die höher als einhundert Meter sind, besteuert würden, ohne wenn und aber!Ein Narr, der in diesem Ansinnen Unrechtes vermutet.
Bernd Walter Ehmsen

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