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Wer die Wahl hat ...

Eine neue Insassenvertretung für Santa Fu wird Gewählt.

Nach den Wahlen der Volksvertreter in Bonn stehen nun auch in Santa Fu Wahlen bevor. In Kürze, am 2. Dezember 1998, wird die alljährliche Neuwahl der Insassenvertretung stattfinden. Ich selber weiß nicht so recht ob ich erleichtert sein soll darüber, daß ich mich nicht mehr als Kandidat aufstellen lassen stellen darf und somit für mich entfällt, mir die Frage stellen zu müssen ob ich weiterhin daran interessiert bin meine Freizeit mit der Tätigkeit in der Insassenvertretung auszufüllen wie bisher oder ob ich mich über das Nicht-mehr-dürfen ärgern soll.
Im vergangenen Jahr konnte ich mich nur schweren Herzens entschließen „weiterzumachen", diesmal hätte ich nicht lange überlegen müssen.
Ein Fazit der Erfahrungen meiner „Amtszeiten" ist, daß die Vertretung der Insassen durch eine IV in Santa Fu nötiger denn je ist. Natürlich muß man sich auch darüber klar sein, daß eine IV keine Wunder bewirken kann, daß die Mitglieder einer IV auch „nur Insassen" sind, die ungefragt vor die Entscheidungen der Leitung dieser Anstalt gestellt werden und im Grunde nur ein störendes Rädchen im Getriebe der Justizmaschinerie hier im Hause darstellen. Am Anfang meiner ersten "Amtszeit" war ich noch enthusiastisch und voller Tatendrang, hatte den Kopf voller Ideen, wollte Vorschläge machen und "verbessern", wurde dann aber schnell eines besseren belehrt, mußte mich in Geduld üben und lernen, daß Zusammenarbeit zwischen justizbeamteten Menschen (egal auf welcher Ebene) und Gefangenen in der Hauptsache sehr einseitig ist. Nicht gar Fortschritt oder Verbesserungen im Vollzugsalltag standen in erster Linie auf dem Programm, nein, die Hauptaufgabe der IV war (und wird es wohl leider vorerst auch bleiben) Rückschritt, Willkür, Kollek-tivsanktionen und anderen Ungerechtigkeiten die Stirn zu bieten und dafür zu sorgen, daß auch rechtsunkundige Insassen und solche, die sich nicht selber „formgerecht" artikulieren und ihre Interessen vertreten können, nicht im Filz uralter Strafvollzugsstrickmuster erstickt werden.
In der Hoffnung, daß sich eine tatkräftige Insassenvertretung auch für das kommende Jahr finden wird, und daß sie den Willen und die Kraft haben möge, den Verantwortlich dieser Anstalt weiterhin aufzuzeigen, daß Vollzug nach Gutsherrenart in Unserem Hause keine Zukunft hat, daß die Inhaftierten hier sind um lebensfähig für die freie Gesellschaft gemacht und nicht um nur verwahrt, weggesperrt und totgeschwiegen zu werden, wünsche ich der nächsten IV viel Erfolg.

(wow)

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