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Und sie bewegen sich doch ...

Neue Telefonregelung für Gefangene bringt Vorteile

Um Veränderungen, eine Weiterentwicklung im positiven Sinn durch- und umzusetzen, bedarf es einer gewissen Zielstrebigkeit, entsprechender Überlegung, einigem Durchsetzungsvermögen und vor allem: dem Willen zu solchen positiven Veränderungen. Während manche an der Spitze der Justizhierarchie von derart Veränderungen reden, versuchen andere einfach, sie wirklich umzusetzen - und schaffen das sogar.
Ab Dezember 1998 wird es nicht nur in Santa Fu, sondern in allen Fuhlsbütteler Knästen, also den Anstalten II, I, Ia und V, eine neue Telefonregelung geben, die echte Verbesserungen für die Gefangenen bringt. Nach ebenso langwierigen wie zähen Verhandlungen ist es gelungen, eine private Tele-fongesellschaft zu finden, über die künftig die Telefonate der Gefangenen abgewickelt werden. Nimmt man die Situation in Santa Fu, so war es bisher so, daß in diesem Knast Kartentelefone der Telekom installiert waren, an denen Gefangene mit Telefonkarten telefonieren konnten, hierbei gab es je Station mit zwischen 22 und 35 Gefangenen ein Kartentelefon. Wer von Telefonzellen telefoniert, weiß um die horrenden Gebühren, was insbesondere für jene Gefangenen, die Fern- oder gar Auslandsgespräche mit ihren Angehörigen tätigen müssen, nur schwer zu finanzieren war. So weit, so schlecht, doch was wird sich künftig ändern?
Ab Dezember übernimmt ein privater Provider die gesamte Abwicklung. Dadurch werden sich konkret folgende Änderungen in Santa Fu, also der Anstalt II, ergeben:
Die Anzahl der installierten Telefone wird verdoppelt, so daß künftig je Station zwei Telefone zur Verfügung stehen.
Telefonkarten sind nicht mehr notwendig. Für jeden Gefangenen wird automatisch ein sog. „Telefonkonto" bei der Telefongesellschaft eingerichtet, auf das entweder er selbst oder aber Angehörige, Freunde oder andere Personen draußen Geld einzahlen können, das dann abtelefoniert werden kann. Jeder Gefangene erhält dazu automatisch eine Geheimnummer (eine sog. PIN), die er zu Beginn seines Telefonates wählen muß. Gibt er diese Nummer ein, wird der Kontostand automatisch angesagt. Nach dem Telefonat wird wiederum automatisch das noch verbleibende Guthaben angesagt.
Die Telefongesellschaft garantiert für die Laufzeit des Vertrages, mithin für die nächsten 10 Jahre (!) Telefonkosten, die mindestens 15% unter dem für öffentliche Telefonzellen geltenden Tarif der Telekom liegen, und zwar gleichgültig, wie hoch dieser ist.
Senkt also die Telekom die Preise, sinken auch für die Gefangenen die Telefonkosten entsprechend. Telefonieren für die Gefangenen wird also billiger.
Der entsprechende Vertrag hat eine Laufzeit von 10 Jahren, was zugleich bedeutet: wollte die Justizbehörde innerhalb dieser Zeit Telefonate verbieten, so müßte sie an den Betreiber eine saftige Konventionalstrafe zahlen - man kann also sagen, daß für die nächsten 10 Jahre gesichert ist, daß in den hiesigen Knästen telefoniert werden kann. Nicht zuletzt der Leiter von Santa Fu, Jobst Poenighausen, hat sich für einen solchen Abschluß engagiert und an dessen Zustandekommen großen Anteil. Woran man sehen kann: wenn man denn will und sich tatsächlich bemüht, sind positive Veränderungen möglich. Natürlich, auch für die Knastverwaltung hat dies Vorteile, so etwa den, daß die Geschäftemacherei mit der „Ersatzwährung" Telefonkarten vorbei ist. Das aber kann wohl nur den Geschäftemachern mißfallen - und die sind kaum zu bedauern.
Vielleicht sollte dies Beispiel - man wagt es kaum zu hoffen - Schule machen: möge es denn wirklich gelingen, auch und gerade die politisch Verantwortlichen für den Hamburger Strafvollzug davon zu überzeugen, daß mit noch so schönen Worten positive Veränderungen nicht herbeizureden sind. Sie sind auch nicht zu erreichen durch Opportunismus gegenüber dem Mainstream, den Stammtischen oder dergleichen. Womit wir wieder am Anfang wären, siehe oben.

(jes)

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