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Fortschritt à la Peschel-Gutzeit in Hamburgs Gefängnissen ...

„Abschirmen" und Totschweigen, Willkür, Förderung des Denunziantentums, Psychoterror ...

Hamburgs Knäste - Nicht alles Gute kommt von Oben ...
Hamburgs Knäste - nicht alles Gute kommt von Oben ...

Millionenteure „Differenzierungsmaßnahme": die „Abschirmstation" - ein Synonym für die Justizpolitik von vorgestern ...

Hamburgs Justizsenatorin Lore-Maria Peschel-Gutzeit gefällt sich in der Rolle der innovativen Ratgeberin in allen Lebensbereichen - bereits in Berlin war sie dafür bekannt, daß sie zu allem möglichen entsprechende Ideen beizusteuern hatte, gefragt oder ungefragt. Wenn es um das ureigene Ressort geht, haben diese Ideen jedoch mit Innovation nichts, mit der Mottenkiste von vorgestern dagegen sehr viel zu tun. Das letzte Beispiel: die im Fuhlsbütteler Knast mit großem Aufwand eingerichtete und mit Presserummel eingeweihte „Abschirmstation". Der ehemalige Hochsicherheitstrakt wurde dort zu einer Station umgestaltet, in der angeblich Gefangene, die im Knast mit harten Drogen handeln, sicher verwahrt werden sollen. Bereits ein Blick hinter die opportunistische Fassade zeigt, daß mit dieser Station vor allem eines suggeriert werden soll: wir, die Hamburger Justiz, tun etwas gegen das Drogenproblem in den Knästen. Die Wahrheit jedoch sieht völlig anders aus. Auf der sog. Abschirmstation befinden sich inzwischen diverse Gefangene aus verschiedenen Hamburger Knästen, die fast ausnahmslos aufgrund mehr oder weniger diffuser Denunziationen dort gelandet sind. Die Aussage eines Denunzianten, X sei „am Drogenhandel beteiligt" oder Y habe „bei Geschäften in der Anstalt eine beherrschende Stellung", genügt, und die Betroffenen verschwinden schnell und lautlos in der Verwahrung. Eine tatsächliche Prüfung der entsprechenden Vorwürfe ist dabei offensichtlich nicht vorgesehen, die vorgebrachten Denunziationen werden ungeprüft übernommen und die Denunzianten mit Verlegung oder Hafterleichterung belohnt. Die meisten der inzwischen im ehemaligen Hochsicherheitstrakt verwahrten Gefangenen wissen nicht einmal, warum und aufgrund welchen Vorwurfes sie dort verwahrt werden: man hat es nicht für nötig gehalten, es ihnen mitzuteilen. Und damit nicht etwa die wirkliche Praxis hinter den Panzerglastüren nach außen dringt, soll eine rigide Briefzensur und der Versuch, jeden Außenkontakt so gut es geht zu erschweren, für Ruhe sorgen. So wurde etwa dem katholischen Pfarrer, der wie seine Amtsbrüder aufgrund einer Vereinbarung eigentlich das uneingeschränkte Recht des Zugangs zu jedem Gefangenen hat, der Zutritt auf die Station erst gestattet, als dieser drohte, anderenfalls die Verweigerung öffentlich zu machen. Er könne ja mit einzelnen Gefangenen reden, so wurde ihm zunächst bedeutet - durch eine Panzerglas-Trennscheibe. An den blickpunkt gerichtete Briefe von Gefangenen kamen dort nie an, und insbesondere nichtdeutsche Gefangene haben unter einer rigiden Zensur zu leiden: wer nicht deutsch schreiben kann, dessen Brief wird nicht befördert. Aus- wie eingehende Post passiert die Zensur nur dann, wenn sie auf deutsch verfaßt wurde, anderenfalls geht sie „zur Habe" des Gefangenen. Mit einem Brief der Mutter aus Jugoslawien etwa erschien der Beamte bei dem betreffenden Gefangenen, wedelte damit vor seiner Nase und erklärte dann „so ein Pech, leider nicht auf deutsch geschrieben, geht zu Ihrer Habe...". Befehl ist schließlich Befehl, sei er auch noch so rassistisch. Telefonate, die Strafgefangenen in Hamburg generell erlaubt sind, sind ebenfalls möglich. Sie dürfen einmal wöchentlich 3 Minuten dauern, müssen - natürlich - ausschließlich auf deutsch geführt werden und finden vom Apparat des Abteilungsleiters statt, der jedes Wort mithört. Täglich für 2 Stunden sind die Türen der Gefangenen innerhalb der Station geöffnet - eine Maßnahme, auf die man sich schweren Herzens eingelassen hat, nachdem sich herausstellte, daß der psychische Zustand durch ausschließliche Isolation zu sehr litt. Doch allzu viel Verständnis und Miteinander unter den Gefangenen sind nicht gefragt, zu viel Gemeinsamkeit schädlich. Dem wirkt man entgegen, indem man die Station in zwei Hälften teilt und den Aufschluß dann immer wechselweise durchführt - und stellt man fest, daß sich zwei Gefangene besonders gut miteinander verstehen, so wird eben jeder in eine andere „Aufschlußgruppe" eingeteilt. Teile und Herrsche - ein uralter Grundsatz, den man auch bei der Hamburger Justiz nicht vergessen hat.

Welche diffusen Denunziationen genügen, um dauerhaft weggesperrt zu werden, welche „fortschrittlichen Maßnahmen" der Hamburger Vollzug unter der Führung von Senatorin Peschel-Gutzeit noch zu bieten hat und was diese ihren Mitarbeitern zu sagen hatte, lesen Sie ab         Seite 6
(jes)

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