Seit dem 1. Januar 1998 regelt das Sozialgesetzbuch III die staatliche
Arbeitsförderung. Wie zuvor im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gibt es auch im SGB III
Regelungen, die direkt oder indirekt in den Strafvollzug hineinwirken bzw. die beruflichen
Möglichkeiten von Gefangenen und Entlassenen beeinflussen. Es soll hier kurz dargelegt
werden, was es an wesentlichen Neuerungen gibt und welche Erfahrungen damit gemacht
wurden.
Gefangene, die arbeiten oder eine Ausbildung machen, werden weiterhin bei der
Bundesanstalt für Arbeit gegen Arbeitslosigkeit versichert. Die Justizverwaltung zahlt
die Versicherungsbeiträge nach einem einheitlichen Satz, nach dem sich bei Eintritt der
Arbeitslosigkeit (oder bei Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen) die Höhe der Leistungen
(Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld) richtet. Dieser beträgt für
das Jahr 1998 im Monat 3909.- DM. Dadurch hat ein Haftentlassener, für den mindestens ein
Jahr Beiträge bezahlt wurden, bei Arbeitslosigkeit (mit Steuerklasse I und ohne Kinder)
pro Woche einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von DM 320,81. Die frühere
Einstufung" nach beruflicher Ausbildung und Praxis mit den entsprechenden
Tariflöhnen ist nur noch bei Arbeitslosenhilfe erforderlich, wenn nicht mindestens 39
Wochen Arbeitszeiten vorliegen. Für die meisten Haftentlassenen oder Freigänger ist
diese Regelung sehr viel vorteilhafter, da nach der alten Regelung nur gut ausgebildete
Fachkräfte mit gutem Berufsbild entsprechende Zahlungen erhalten konnte, also eine kleine
Minderheit ...
Neu ist, daß die Zahlungen jeweils monatlich zum Monatsende geleistet werden, wie
normalerweise der Lohn, und nicht mehr im 14Tage-Rhythmus. Ebenso, daß bei
Lei-stungsempfängern ohne Konto für die dafür erforderlichen Aufwendungen
Gebühren" anfallen (sowohl beim Arbeitsamt als auch bei der Post, wo die
Schecks einzulösen sind). Weiterhin ist die Neben-verdienstmöglichkeit neu und dabei
sehr positiv für die Leistungsempfänger geregelt. War bis 1997 nur DM 30.- pro Woche
anrech-nungsfrei, ist dies jetzt 20%, mindestens aber DM 310.- pro Monat. Weniger
vorteilhaft sind neue Regelungen für die Förderung der beruflichen Weiterbildung. War
bis 1997 eine Förderung möglich, wenn die für Ungelernte grundsätzlich geforderte
Lebensarbeitszeit" von 3 Jahren mindestens zur Hälfte erfüllt war (für die
andere Hälfte konnte Arbeitslosigkeit angerechnet werden), sind die 3 Jahre jetzt für
viele Gefangene - insbesondere jüngere, die es besonders nötig hätten - nicht
erfüllbar, so daß eine Förderung nicht möglich ist. Weiterhin ist die Wartezeit nach
der Teilnahme an einer geförderten beruflichen Bildungsmaßnahme vor einer erneuten
Förderung von einem auf drei Jahre verlängert worden. Hiervon gibt es allerdings,
besonders bei kürzeren Feststellungsmaßnahmen", Ausnahmen.
Viel Aufregung verursachten weitere Neuregelungen, die mit viel Verwaltungsaufwand für
das Arbeitsamt verbunden waren. Zunächst die Befristung von Zahlungen an Arbeitslose für
jeweils drei Monate mit der Verpflichtung für diese, sich in diesen Fristen persönlich
im Arbeitsamt zu melden; dann die weitere Verpflichtung, Eigeninitiative bei der
Arbeitsuche nachzuweisen. Inzwischen wurden hier praktikable Lösungen gefunden; für
bestimmte Personengruppen wurde die Drei-Monats-Meldung" wieder aufgehoben.
Wie aus Bonn bereits im August verlautete, ist damit zu rechnen, daß es nach der
Bundestagswahl nicht allzu lange dauern dürfte, bis wiederum neue Regelungen in die Lande
gestreut werden, völlig unabhängig davon, wer der Nachfolger von Norbert Blüm als
Arbeitsminister wird. Ob erwartet werden kann, daß dann - für Arbeitslose wie für
Arbeitsamtsmitarbeiter wünschenswerte - dauerhaftere Vorschriften geschaffen werden, mag
bezweifelt werden.
Erwartet werden kann allerdings von den Gefangenen und Haftentlassenen in Hamburg, daß
die Mitarbeiter der Beratungsstelle im Arbeitsamt Hamburg sich für deren Belange
einsetzen. Ich gehe davon aus, daß diese Erwartungen wie bisher erfüllt werden können,
auch wenn die Vorschriften - und manchmal auch die Kollegen - ihnen diese Arbeit nicht
immer ganz leicht machen.
Erhard Pöppel
Arbeitsamt Hamburg