Jeder der in irgendeine Form Rechte unterstützt,
sollte an Dresden
denken. So wird Deutschland wieder aussehen,
sollten noch einmal
Nationalisten an die Macht
kommen.
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Die
Dresden-Lügen
Es ist angerichtet: Zum 50. Jahrestag der
Bombardierung werden die
Dresdner Musikfestspiele unter dem Titel
"Apokalypse" stattfinden. Im
Programmheft schreibt der
Intendant Michael Hampe: "1995 jährt sich
zum
fünfzigsten Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges und
die
Zerstörung Dresdens, jenes apokalyptische Ereignis, das
wie kein
zweites zum Symbol des Untergangs, des Grauens und des
Leidens wurde,
das jener Krieg über die Menschheit brachte."
Zur musikalischen
Untermalung haben die Veranstalter keinen
Aufwand gescheut: Neben
Arnold Schönbergs "Ein
Uberlebender aus Warschau" werden auch Richard
Strauss' 1938
in München uraufgeführte Oper "Friedenstag" und
Richard
Wagners "Lohengrin" präsentiert. Die
Deutschen sind ein Kulturvolk,
und gäbe es einen schöneren
Ort als "Elbflorenz", um es zu beweisen?
Am 13., 14.
und 15. Februar 1945 warfen 2.435 britische
und amerikanische
Flugzeuge 7.070,3 Tonnen Bomben
aller Art auf die Stadt. Der
Dresden-Mythos rankt sich im
wesentlichen um zwei Lügen:
Erstens wird das Ausmaß der
Zerstörung und die Zahl der
Opfer übertrieben, um die
Singularität des Ereignisses
zu suggerieren. Zweitens wird
der Angriff als militärisch
sinnlos, mithin als reiner Terror
gegen die Zivilbevölkerung
dargestellt, wie ihn auch die
Nazis praktizierten. Von links wird
gelegentlich noch eine
dritte Lüge hinzugefügt: Die
Zerstörung Dresdens sei ein
bewußtes Kalkül der
Westalliierten gewesen, um den
Vormarsch der Roten Armee zu
behindern und die künftige
sowjetische Besatzungszone zu
schwächen.
1. Lüge
Das Privileg, Dresden
expressis verbis mit Hiroshima und
Nagasaki auf eine Stufe
gestellt zu haben, gebührt zwei
westlichen Autoren. Axel
Rodenberg, dessen Buch "Der Tod von
Dresden" aus dem
Jahre 1951 in der BRD die meisten Auflagen
erlebte (und 1995 im
Frühjahrsprogramm von Ullstein
neu auftaucht) und das
Geschichtsbild entscheidend prägte,
verbreitete die Zahl von
350.000 bis 400.000 Opfern. David
Irving gibt in "Der
Untergang Dresdens" (Erstauflage 1964)
135.000 an. In der DDR
beschied man sich in der Regel mit
35.000 Toten, steigerte sich
aber, wenn die Propagandaaufgaben
des Kalten Krieges dies
notwendig machten. Spitzenleistung war
die Rede des
stellvertretenden Vorsitzenden des
Ministerrates der DDR, Hans
Loch, der im Jahre 1955 die
Westalliierten des Mordes an 300.000
Dresdnern anklagte.
Weitgehend unbekannt ist, daß Irving
sich in einem Leserbrief an
die Londoner "Times" vom 7.
Juli 1966 selbst korrigierte. Der
Nachrichtenagentur AP war das
nur eine kurze
Meldung wert, Irvings Buch aber war mittlerweile
schon um
die halbe Welt gegangen. Die Verbreitung der
Selbstkritik
Irvings wurde allerdings auch durch ihn selbst
erschwert: Im
Zuge seiner rechtsradikalen Entwicklung kehrte er in
den 80er
Jahren wieder zu den höheren Opferzahlen
zurück.
Ausgangspunkt für Irvings Selbstkritik aus
dem Jahre 1966
war ein neu aufgetauchtes Dokument, das als
einziges amtliches
Schriftstück der damaligen Zeit exakte
Zahlen angibt;
alle anderen Primär- oder Sekundärquellen
berufen sich auf
nicht belegte Augenzeugenberichte oder
Vermutungen. In der
»Schlußmeldung über die vier
Luftangriffe auf den LS-Ort
Dresden am 13., 14. und 15. Februar
1945 des Höheren SS-
und Polizeiführers Elbe«
heißt es unter Punkt E: "Personen-
schäden. Bis
10.3.1945 festgestellt: 18.375 Gefallene, 2.212
Schwerverwundete,
13.718 Leichtverwundete... Die Gesamtzahl
der Gefallenen einschl.
Ausländer wird auf Grund der
bisherigen Erfahrungen und
Feststellungen bei der Bergung
nunmehr auf etwa 25.000
geschätzt."
Im Dezember 1993 wurden vom Stadtarchiv
Dresden bisher
unerschlossene Akten aufgefunden, die diese Angaben
bestätigen.
Es handelt sich hierbei um die Bestattungslisten
der städtischen
Friedhöfe, die - deutsche Gründlichkeit
- auch nach
dem Chaos der Februartage penibel geführt wurden.
Demnach
wurden auf den beiden Hauptfriedhöfen bis zum 12.Juli
1945
insgesamt 21.271 Leichen registriert. Der
Dresdner
Stadtarchivar Friedrich Reichert schreibt weiter: "Für
die Zahl
der Bestattungen auf anderen Friedhöfen liegen
lückenhafte
Belege vor. Die Zahl dürfte kaum 2.000
überschritten
haben... Bahauptungen, daß unter den
Trümmern noch zehntausende
Tote lägen, erwiesen sich als
nicht richtig... Es ergibt
sich somit die Gesamtzahl von rund
25.000 Opfern der Luftangriffe
auf Dresden zwischen dem 13.
Februar und dem 17.
April." Die Dresdner Stadtverwaltung hat
im Dezember 1994
dem Autor gegenüber erklärt, sie werde
diese Zahlen nicht in
der Öffentlichkeitsarbeit verwenden.
Verständlich. Zu krass
wird die Geschichtslüge vom
einzigartigen Schicksal Dresdens
dementiert, die die Basis für
die ganzen Staatsfeierlichkeiten
ist. Mit der ermittelten
Opferzahl liegt Dresden gleichauf mit
Hamburg. In einer
Aufstellung des Anteils der durch Bomben
zerstörten Wohnungen
nimmt Dresden mit 60 Prozent lediglich
den 22. Platz ein (davor
liegen z.B. Düren mit 99,2,
Bocholt mit 89, Köln mit 70
Prozent). Addiert man die
Gesamttonnage der während des 2.
Weltkriegs abgeworfenen
Bombenlast, liegt Dresden (7.000) weit
hinter Köln (44.700),
Essen (37.900), München (27.000)
und Leipzig (11.600
Tonnen). Blickt man über Deutschland
hinaus, wird die
Ungeheuerlichkeit des Dresden-Mythos erst richtig
klar: In
Dresden kamen 25.000 Tote auf 630.000 Einwohner,
in
Leningrad 700.000 auf 2 Millionen.
Keinen Eingang in die
Bilanz der Geschichtsfälscher findet
das Schicksal der
Dresdner Juden: Am Morgen des 13. Februar
kam der Befehl, die
letzten 70 von ihnen zu deportieren.
Wer von ihnen die Nacht
überlebte, konnte im allgemeinen Chaos
der Gestapo entkommen.
Anders gesagt: Was den
Deutschen als "Apokalypse"
erscheint, brachte einem Teil der
Juden die Rettung vor der
Apokalypse.
2. Lüge
Die Einzigartigkeit Dresdens
besteht lediglich darin, daß die
Stadt erst in den letzten
Kriegsmonaten zum Ziel der alliierten
Angriffe geworden ist und
von der Bevölkerung deswegen
bereits als "Luftschutzkeller
des Reiches" bezeichnet worden
war. Die totale Zerstörung
dieser Illusionen innerhalb von 48
Stunden mußte natürlich
als Schock wirken. Götz Bergander
bilanziert im
quellenreichsten bürgerlichen Standardwerk
"Dresden im
Luftkrieg" (Erstauflage 1977), "daß die von
Dresden
ausgelöste Schockwelle den noch vorhandenen
Widerstandswillen
fortschwemmte, weil jetzt befürchtet
wurde, eine solche
Katastrophe könne sich täglich wiederholen... Zwar
glaubten
die meisten Deutschen nicht mehr an
den Sieg, aber sie konnten
sich trotzdem die bedingungslose
Kapitulation nicht vorstellen.
Der Schock von Dresden trug
wesentlich zu einer Sinneswandlung
bei. Sie äußerte sich
damals in den Worten: Besser ein
Ende mit Schrecken als ein
Schrecken ohne Ende. Der Schrecken ohne
Ende - das war für
die meisten Deutschen der
Bombenkrieg."
Dieser
Meinungsumschwung illustriert einen der Haupterfolge
des
Oberbefehlshabers des englischen Bomberkommandos,
Sir Arthur T.
Harris. Harris glaubte an die Bedeutung der
Bombardements für
die Demoralisierung der Bevölkerung.
Inspiriert war er durch
die Erkenntnis, daß es in Nazi-Deutschland
keine
nennenswerten Widersprüche zwischen
Führern und
Geführten gab - von individuellen Ausnahmen
abgesehen. "Der
widerwillig loyale Deutsche des Kriegsbeginns...wurde
zum
befehlsgemäß loyalen Exekutor des NS-Rasse-
und
Vernichtungskrieges", heißt es diesbezüglich
in
einem Aufsatz des Militärgeschichtlichen
Forschungsamtes
Freiburg. Für Dresden, das den reichsweit
höchsten Anteil
von NSDAP-Mitgliedern an der Bevölkerung
hatte, galt dies
umso mehr. Zudem konnte sich Harris auf ein
naheliegendes
Beispiel berufen: In Italien hatte das "moral
bombing" nachweisbar
dazu beigetragen, "daß große
Gruppen der italienischen Arbeiterschaft
im März 1943 offen
gegen das faschistische Regime auftraten," weil
dieses "im
Hagel der Bomben nicht nur als korrupt, sondern auch als
machtlos
und unfähig" dastand (so das Standardwerk "Bombenkrieg
gegen
Deutschland« des DDR-Historikers Olaf Groehler). Man
kann Harris
nicht zum Vorwurf machen, daß die Deutschen sich
nicht
einmal im Bombenhagel von ihrem Führer trennen
wollten.
Obwohl die Demoralisierung der Heimatfront schon für
sich
genommen ein Faktor der Kriegführung ist, soll die
Bedeutung
der Städtebombardierung auch im engeren
militärischen
Sinn geklärt werden. Zunächst ein
Uberblick: Als Harris 1942
das Kommando über die britischen
Bomberverbände übernahm, sah
er sich mit einer
dramatischen Lage konfrontiert.
Nach der Wannseekonferenz im
Januar 1942 trat die Judenvernichtung
in ihr industrielles
Stadium. An der deutsch-sowjetischen Front
stießen die
Heeresgruppen A und B scheinbar unaufhaltsam Richtung
Wolga und
Kaukasus vor.
In Nordafrika rüsteten sich Rommels Verbände
zum Durchbruch ins
Nildelta. Harris faßte in einer
Denkschrift die Konsequenzen aus
dieser Situation zusammen: "Das
Bomber Command führt die einzigen
offensiven Kampfhandlungen
durch, die gegen Deutschland unternommen werden.
Alle anderen
Kriegsanstrengungen sind defensiver Natur und können
niemals
mehr erreichen, als unsere Existenz im Angesicht
des
Gegners zu erhalten. Das Bomber Command gibt uns die
Möglichkeit,
Rußland rechtzeitig zu unterstützen." Es sei
"die
einzige Möglichkeit, Deutschland so weit physisch
zu
schwächen und nervlich zu erschöpfen, daß eine
Invasion aussichtsreich
erscheinen könnte." Die deutsche
Kriegswirtschaft
erlitt wichtige Schäden: 1943 wird die
V2-Produktion durch
Angriffe auf Peenemünde erheblich
verzögert, 1944 die deutsche
Benzin- und Flughenzinproduktion
so schwer geschädigt,
daß Militäroperationen
erheblich behindert sind, im gleichen
Jahr tritt durch die
schweren Zerstörungen am Verkehrsnetz
eine transportbedingte
Kohleknappheit ein, 1945 wird der
Schienenverkehr durch die
Bombardierung von Rangierbahnhöfen
teilweise
lahmgelegt.
"Dresden ging in Schntt und Asche, zwei Jahre
nachdem der
Ausgang des Zweiten Weltkrieges in Stalingrad
entschieden
worden war", polemisierte Ulrike Meinhof. Sie
vergaß, daß
die mörderischen Angriffe der
V-Waffen auf London bis März
1945 weitergingen. Sie
ignorierte, daß die Arbeit der Nazis an
der Atombombe bis in
die letzten Kriegstage weiterging - für
Harris ein
wesentliches Motiv -, und daß die Stadt von
erheblicher
militärischer Bedeutung war. So wird Dresden
im
Operationsbericht des Informationsbüros der UdSSR als
"wichtiger
Stützpunkt faschistischer Verteidigung in
Sachsen", vom
Sowjetische Oberkommando als "mächtiger
Verteidigungsknoten
der Faschisten in Sachsen" bezeichnet.
Der britische
Militärhistoriker Joseph W. Angell geht davon
aus, daß der
Bombenangriff auf Dresden als direkte
Unterstützung für die
heranrückende Rote Armee
gedacht war. Zur gleichen Zeit,
schreibt er, habe Marschall Konjew
mit seinen Armeen ungefähr
110 Kilometer ostwärts der
Stadt gestanden, in einer für
deutsche Gegenangriffe höchst
verwundbaren vorgeschobenen
Position - vorausgesetzt, die
Deutschen könnten Verstärkung
durch Dresden bringen;
dies sollten die Bombardements
verhindern. Ob dieses Ziel
vorrangig angestrebt wurde, ist
innerhalb der Fachliteratur
umstritten - dagegen spricht, daß der
Rangierbahnhof nicht
dauerhaft zerstört wurde. Andererseits
wurden "enorme
Auswirkungen auf die Rüstungsproduktion"
(Stadtarchivar
Friedrich Reichert) erzielt. Im größten
Rüstungsbetrieb,
der Firma Zeiß Ikon, waren vor dem Angriff
10.837 Arbeiter
tätig, danach nur noch etwa ein Viertel(2.508).
3.
Lüge
Zum 10. Jahrestag erklärte der
DDR-Ministerpräsident Otto
Grotewohl die Bombardierung
Dresdens wie folgt: "Dieses
unsinnige Verbrechen diente
ebenso wie die Zerstörung von
Brücken, Talsperren und
anderen lebenswichtigen Einrichtungen
durch die SS dem Zweck, eine
Trümmerzone zu
schaffen, die den siegreichen Sowjetarmeen das
weitere
Vordringen unmöglich machen sollte." 1969 hieß
es am 13.
Februar im Neuen Deutschland: »An diesem Tag
gedenken die
Dresdner der vielen unschuldigen Opfer, die sterben
mußten,
weil einige Politiker und Generale die untaugliche
Idee hatten,
den Vormarsch des Sozialismus mit Bomben und
Tränen
aufzuhalten." Dieser Vorwurf läßt sich
durch eine simple
Frage entkräften: Wenn hinter den
Bombenangriffen auf
Dresden antisowjetische Motive gesteckt haben,
was lag dann
den Attacken gegen Hamburg, Essen und Köln
zugrunde?
Fakt ist jedenfalls: Das Gebiet von Deutschland, das
schließlich
von den Westalliiierten besetzt werden sollte,
ist insgesamt
weitaus länger und schwerer angegriffen worden
als Ostdeutschland.
Ähnlich demagogisch ist eine 1969 vom
Neuen Deutschland
zitierte Äußerung von Marschall
Shukow zu Dresden: "Eine
solche Barbarei hätte die
sowjetische Armee nie zustande
gebracht." Dieser Vorwurf
folgt dem Propagandainteresse der
Sowjetunion nach 1945; vorher
sah es anders aus. Überliefert
ist ein reger Briefwechsel
zwischen Winston Churchill und
Josef Stalin; Churchill erstattete
detailliert Bericht über die
Erfolge der Städtebombardements,
legte oft sogar Luftaufnahmen
und Dias bei. So erhielt Stalin am
12. Januar 1944 von
Churchill eine Geheimbotschaft mit dem
launigen Text: "Teilen
Sie mir bitte rechtzeitig mit, wann
wir aufhören sollen,
Berlin zu zerstören, damit genügend
Unterkünfte für die
Sowjetarmee stehen bleiben."
Stalin antwortete todernst:
"Unsere Armeen haben in der
letzten Zeit wirklich Erfolge
erzielt, aber bis nach Berlin ist es
für uns noch sehr weit...
Folglich brauchen Sie die
Bombardierung Berlins nicht
abzuschwächen, sondern sollten
Sie möglichst mit allen Mitteln
verstärken." Der
Angriff auf Dresden wurde den Sowjets
durch die US-Militärmission
in Moskau vorab mitgeteilt; sie
erhoben keine Einwände. Der
in Moskau lebende KPD-Führungskader
Anton Ackermann äußerte
sich im Februar
1945, in Kenntnis der schweren Luftangriffe und
eventuell
auch in Kenntnis des Angriffes auf Dresden,
anerkennend
darüber, wie "die amerikanischen und
englischen Luftflotten
täglich stärker auf das
rückwärtige Gebiet jener deutschen
Armeen wirken, die
der Roten Armee gegenüberstehen und
dieser somit vom Westen
her helfen."
Diese Ausrichtung wurde nach dem Krieg
zunächst beibehalten.
So fanden am 13.2.1946 über 20
Gedenkveranstaltungen
statt, für die zwischen
Stadtadministration und Sowjets die
folgende Linie abgestimmt
wurde: "Es soll alles vermieden
werden, was den 13. Februar
als Trauertag erscheinen läßt.
Die Meinung des
(sowjetischen) Majors geht dahin, wenn der
13. Februar eine
falsche Note bekommt, sich sehr leicht Tendenzen
gegen die
Alliierten äußern könnten; das müßte
unter
allen Umständen vermieden werden." Auf den
Veranstaltungen
wurden Resolutionen verfaHt, in denen die
Zerstörung
der Stadt als »die traurige Bilanz des
hitleristischen Rauhkrieges"
bezeichnet wurde. Kritik an
Großbritannien und den
USA gab es nicht. Der kommissarische
Bürgermeister
Weidauer gab in seiner Rede die Zahl der Opfer
des
Angriffes korrekt mit 25.000 an. 1947 und 1948 fanden
keine
Gedenkveranstaltungen statt.
Im Laufe des Jahres 1948
vertiefte sich die Spaltung der
früheren Alliierten
(Berlin-Blockade), was zu einer
radikalen Änderung der
Propagandalinie führte. So fand die
Sächsische Zeitung
am 12.2.1949 in der Zerstörung
Dresdens "zugleich eine
Anklage gegen die
anglo-amerikanische Kriegsführung... Die
grauenhafte
Vernichtung Dresdens war durch keinerlei
strategische
Überlegungen zu rechtfertigen." 1950, kurz
nach
Gründung der NATO, gab es in der ganzen
DDR
Dresden-Gedächtniskundgebungen. Das
Dresdner
Vorbereitungskomitee schrieb: "Die Nationale Front
des
demokratischen Deutschlands kämpft gegen die
Zerstörer
Dresdens, die Kriegstreiber von heute." Der
sächsische
Ministerpräsident Seydewitz rief aus, "daß
dieselben
Kräfte, die damals Dresden sinnlos zerstörten,
heute
schon wieder von neuem zum Vökermord aufrufen."
1951,
der Korea-Krieg war ausgebrochen, schrieb die
Tägliche
Rundschau: "Der Feuerschein der blutigen Stadt
Dresden,
der am Ende des Zweiten Weltkrieges den Himmel
weithin
sichtbar rötete, ließ die räuberische Fratze
des
amerikanischen Imperialismus, des ärgsten Feindes
der
Menschheit, heraufleuchten." Ein Jahr später
verhalf
DDR-Volkskammerpräsident Dieckmann gar
der
Goebbelschen Wortschöpfung von den
"anglo-amerikanischen
Luftgangstern" zu neuer
Reputation. Damit hatte die SED den
Gipfel der
Demagogie erreicht. In der Folge klang
die
anti-amerikanische und anti-englische Hetze ab, wurde
ersetzt
durch Kritik an den "Bonner Ultras" (60er Jahre)
oder
durch allgemeinplätzlerische Friedensappelle (80er
Jahre).
Es
blieb der westdeutschen Linken vorbehalten, die
Geschmacklosigkeiten
der frühen DDR-Propaganda
fortzuführen und mit
westlichem Geschichtsrevisionismus
zu verbinden. Ulrike Meinhof
bezog sich 1965 in einem
Aufsatz für die "konkret"
positiv auf David Irving, schlug
auf dessen gefälschte
Opferzahlen lässig noch einmal die
Hälfte drauf ("über
200.000") und kam dann zu folgendem
atemberaubenden Schluß:
"Als die deutsche Bevölkerung
die Wahrheit
über
Auschwitz erfuhr, erfuhr die englische Öffentlichkeit
die
Wahrheit über Dresden. (...) In Dresden ist
der
Anti-HitlerKrieg zu dem entartet, was man zu bekämpfen
vorgab
und wohl auch bekämpft hatte: Zu Barbarei und
Unmenschlichkeit,
für die es keine Rechtfertigung gibt.
Wenn es eines Beweises
bedürfte, daß es den gerechten
Krieg nicht gibt Dresden
wäre der Beweis."
Diese Äußerungen, der
entstehenden Neuen Linken in die
Wiege gelegt, konzentrieren alle
Geburtsfehler dieser
Linken: die nivellierende Einreihung von
Auschwitz in die
Schrecken des Krieges; die fehlende
Unterscheidung von
Nationalsozialismus und gewöhnlichem
Faschismus; die
Gleichsetzung von Nazi-Deutschland und
den
Feindstaaten; die Verwechslung von Antifaschismus
mit
Pazifismus, von Pazifismus mit Appeasement. Wem zum
13.
Februar und zum 8. Mai statt des naheliegenden "Nie
wieder
Deutschland" nur ein "Nie wieder Krieg" einfällt,
in
dem sich auch der Haß auf die Armeen der
Anti-Hitler-Koalition
gut aufgehoben sieht, stand 1965
rechts von Konrad Adenauer und
steht 1995 rechts von
Roman Herzog. Eine neue Linke kann sich nur
im Bruch
mit diesen Traditionen konstituieren.
aus:
J.Elsässer, Wenn das der Führer hätten erleben dürfen.
29.
Glückwünsche zum deutsche Sieg über die
Alliierten.